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Urteil - Kommunikationsrisiko Forenkommentar?


20.04.2006, Urteil - Kommunikationsrisiko Forenkommentar?

Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 02.12.2005, Az.: 324 O 721
/05) hat sich in einem gerade veröffentlichten Urteil einen
Fauxpax sondergleichen geleistet: Im Streit um einen Forenbei-
trag bei heise.de geht das Gericht davon aus, dass Betreiber
von Foren im Vorhinein alle Beiträge auf rechtliche Relevanz
zu prüfen haben.

In einem Artikel auf heise.de hatte sich der Verlag kritisch
bezüglich einer Software geäußert, die, ohne Kenntnis des Nut-
zers, dessen Rechner für eigene Zwecke des Herstellers nutzt.
Ein Leser nahm dies zum Anlass, im Kommentar zu dem Artikel
zum Boykott des Softwareherstellers aufzurufen und dessen Ser-
ver in die Knie zu zwingen, indem man die Software in Massen
herunterlädt. Der Softwarehersteller mahnte heise.de ab und
erwirkte, da heise.de nicht reagierte, eine einstweilige Ver-
fügung, die nun beim Landgericht Hamburg auf dem Prüfstand
kam.

Das Landgericht Hamburg bestätigte die einstweilige Verfügung:
Es sah heise.de als Störer, dessen Störereigenschaft nicht
entfällt, weil es ihm unmöglich wäre, auf den Inhalt des von
ihm eingerichteten Forums Einfluss zu nehmen. Technisch stellt
die Einflussnahme auf das Forum kein Problem dar, denn man kön-
ne ja jeden Forumsbeitrag vor Veröffentlichung auf die rechtli-
che Zulässigkeit seines Inhalts prüfen. Zu dieser Prüfung, so
das Gericht, sei heise.de auch verpflichtet, da, wer ein Forum
unterhält, in dem Inhalte pressemäßig verbreitet werden, Vor-
kehrungen zur Vermeidung der Veröffentlichung rechtswidriger
Inhalte treffen müsse.

Das LG Hamburg sieht eine gewisse Grenze der Verantwortlichkeit
des Betreibers, nämlich dann, wenn die Rechtswidrigkeit des In-
halts nur schwer erkennbar ist. Im Rechtsstreit mit heise.de war
die Rechtswidrigkeit des Boykottaufrufs jedoch offensichtlich.
Den Umstand, dass heise.de ein hohes Aufkommen an Forenbeiträ-
gen hat und der Aufwand der Kontrolle immens wäre, wiegelte das
Gericht ab: "denn wer Betriebsmittel bereit hält, die es ihm er-
lauben, über ein redaktionell gestaltetes Angebot in riesenhaf-
ter Anzahl Äußerungen zu verbreiten, unterhält damit eine Gefah-
renquelle, indem er einer unbestimmten Vielzahl von Nutzern ge-
rade damit die Möglichkeit eröffnet, in großer Zahl Äußerungen
zu verbreiten, die geeignet sind, Rechte Dritter zu verletzen.
(...) die Tendenz geht im Gegenteil vielmehr dahin, dass derje-
nige, der eine Einrichtung unterhält, von der wegen ihrer schwe-
ren Beherrschbarkeit besondere Gefahren ausgehen, einer verschärf-
ten Haftung unterworfen wird."

Unter diesen Vorgaben ist es Forenbetreibern im Grunde nicht mehr
möglich, ein Forum zu betreiben. Denn kaum jemand kann es sich
leisten, jeden Beitrag im Vorhinein zu kontrollieren - am besten
von der eigenen (in der Regel nicht vorhandenen) Rechtsabteilung.
Auch Webloggern, deren Weblogs redaktionell ausgerichtet sind,
wird so das Leben schwerer gemacht. Setzt sich diese Rechtspre-
chung durch, würde "in Deutschland" das Internet ärmer und eines
seiner wichtigsten Zwecke beraubt.

(Quelle: www.domain-recht.de)

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