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OLG Frankfurt - (kein) Urheberrecht am Quellcode


11.08.2005, OLG Frankfurt - (kein) Urheberrecht am Quellcode

Vor kurzem stellte sich dem OLG Frankfurt/M (Urteil vom 22.03.
2005, Az.: 11 U 64/2004) die Frage, ob das "copy & paste" von
HTML-Daten eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Das Gericht
sagte nein, was auf den ersten Blick missverstaendlich sein kann,
denn auf den Code kommt es an.

Es stritten zwei Onlinejobportale miteinander. Eine Unternehmens-
gruppe beauftragte zunaechst das eine Onlinejobportal, die Klaege-
rin, 15 Stellenanzeigen zu veroeffentlichen. Kurz darauf beauf-
tragte die Unternehmensgruppe auch die Beklagte, die Anzeigen zu
schalten. Letztere kopierte die Anzeigen der Klaegerin und stell-
te sie wie diese online. Als die Klaegerin das bemerkte, erwirkte
sie eine einstweilige Verfuegung, die der Beklagten das Kopieren
und Veroeffentlichen der HTML-Daten ohne ausdrueckliche Zustimmung
untersagte. Dabei stuetzte sie sich auf das Gesetz gegen unlaute-
ren Wettbewerb (UWG), das die Nachahmung von Waren und Dienstlei-
stungen eines Mitbewerbers untersagt (§§ 3, 4 Nr. 9 UWG).

Die Beklagte legte gegen die Entscheidung erfolgreich Widerspruch
ein. Das LG Frankfurt (Urteil vom 01.10.2004, Az.: 3-11 O 66/2004)
wies die einstweilige Verfuegung zurueck. Dabei stuetzte sich das
Gericht darauf, dass die Klaegerin die HTML-Daten nach den Vorgaben
der Auftraggeberin gestaltet hatte und damit nicht die fuer den An-
spruch aus dem UWG notwendige wettbewerbliche Eigenart, die die
Leistung als die der Klaegerin erkennbar mache, aufwies.

In der Berufung erklaerte die Klaegerin die wettbewerbliche Eigen-
art mit dem besonderen, speziell auf die Suchfunktion der eigenen
Datenbank zugeschnittenen HTML-Dateien. Darueber hinaus berief sich
die Klaegerin auf Ansprueche aus dem Urheberrecht, weil die HTML-
Anzeigen unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 2 UrhG fallen, Teil
eines Datenbankwerkes (§ 97 Abs. 1 UrhG) und ein Computerprogramm
(§ 69a Abs. 1 UrhG) seien. Die Beklagte hielt unter anderem ent-
gegen, HTML sei eine Programmiersprache und kein urheberrechtlich
geschuetztes Computerprogramm. Bei den HTML-Dateien selbst fehle
es an der noetigen Schoepfungshoehe nach dem UrhG (§ 2 Abs. 2 UrhG).

Das OLG Frankfurt machte von vorne herein eines klar: Nach einheit-
licher Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann die Gestal-
tung einzelner so genannter Websites unabhaengig von der Digitali-
sierung ihres Inhalts an sich Urheberrechtschutz zukommen, soweit
die erforderliche Schoepfungshoehe (§ 2 Abs. 2 UrhG) erreicht wird.
Damit erklaerte es genau das, wogegen die Entscheidung vermeintlich
steht: HTML-Dateien zu kopieren sei keine Urheberrechtsverletzung.
Aber das Gericht hatte sich den Sachverhalt genau angeschaut und
einen Einzelfall entschieden:

Aus Sicht des OLG Frankfurt war die Schoepfungshoehe hier nicht er-
reicht, weil die Anzeigen nicht von der Klaegerin gestaltet worden
waren, sondern sie lediglich die von der Auftraggeberin in Form
von Word-Dokumenten zur Verfuegung gestellten Texte, Bilder, Logos
und Designs in HTML umgeschrieben hat. Von der Klaegerin war damit
lediglich die Umsetzung der Daten gefordert, aber keine persoenliche
geistige Schoepfung.

Auch die anderen Tatbestaende des Urheberrechts lagen nicht vor. We-
der unterfiel die Leistung der Klaegerin dem Sonderschutz als Compu-
terprogramm noch als Datenbank oder als Datenbankwerk. Problematisch
war noch die Frage, ob HTML-Code ein Computerprogramm ist. Darueber
streiten sich die Juristen. Das OLG Frankfurt geht davon aus, dass
nicht der HTML-Code das Computerprogramm ist, sondern lediglich ein
Hilfsmittel zur Kommunikation einer vorgegebenen Bildschirmgestal-
tung im Internet. Der Code des Internetbrowsers, seine innere Struk-
tur und Organisation sind das Programm. Davon zu unterscheiden ist
das durch das Programm hervorgebrachte und auf dem Bildschirm sicht-
bar gemachte Arbeitsergebnis.

Die Entscheidung ist ein gutes Beispiel dafuer, dass, was unter Um-
staenden plakativ in den Medien transportiert wird - "Copy and Paste"
von HTML-Code stellt keine Urheberrechtsverletzung dar - so nicht
haltbar ist. Einfach HTML-Quellcode kopieren und daraus eine eige-
ne Internetseite gestalten, sollte man tunlichst unterlassen. Wenn
einem ein Quelltext gefaellt, kann man immer den Schoepfer fragen, ob
man ihn kopieren darf. In der Regel stellt so etwas kein Problem dar.

(Quelle: www.domain-recht.de)

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